In diesen Praxisgruppen und Praxisworkshops können Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft, anthroposophisch Interessierte sowie alle Interessierte an persönlichem und spirituellem Wachstum teilnehmen.
Primäre Zielsetzung der Arbeit ist die Entwicklung der «inneren Organisation» der Gemeinschaftsbildung, das Verständnis und das Erleben von innerer Gemeinschaft und des «umgekehrten Kultus» mit den Mitteln der Gemeinschaftsbildung nach Dr. Scott Peck mittels der inhaltlichen Durchdringung durch die Anthroposophie.
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Praxisgruppen – Praxisworkshops Anthroposophische Gemeinschaftsbildung (PDF)
Diese Workshops sind für alle Teilnehmer, ob mit oder ohne anthroposophische Vorerfahrung oder Kenntnisse.
1. Entwicklung der «inneren Organisation»(Rudolf Steiner)
2. Der «umgekehrte Kultus» (Rudolf Steiner).
3. Verstehen und Erleben von Gemeinschaft
3.1 Innerlichste durchseelte Toleranz (Rudolf Steiner).
3.2 Die Methode: Gemeinschaftsbildung im Kreis.
3.3 Die 12 Kommunikationsempfehlungen.
3.4 Der 4-Phasen Prozess.
4. Synthese: Anthroposophie und Gemeinschaftsbildung nach Scott Peck
5. Wer kann daran teilnehmen.
5.1 Offene Gruppe.
5.2 Gründungsstatuten 1923 (Rudolf Steiner).
6. Einstieg in die Praxis.
6.1 Teilnahme an einem Workshop.
6.2 Regelmässige Treffen.
Die Ideen und Ideale, die mit der anthroposophischen Gemeinschaftsbildung verbunden sind, gehören für mich zu den umfangreichsten und höchsten Formen und Strukturen des Zusammenlebens und Zusammenwirkens. Um die Ideen und Ideale zu erreichen, muss auf vielen Ebenen und Bereichen gearbeitet werden. Die dazu allumfassendste Darstellung des gesamten Spektrums sind wohl die Ausführungen Rudolf Steiners zur Dreigliederung des sozialen Organismus.
In der Praxisgruppe Anthroposophische Gemeinschaftsbildung soll es zunächst nicht um die Erarbeitung und Durchdringung dieser Dreigliederung gehen. Vielmehr soll es hier zunächst um die «intime innere Organisation» der Gruppe gehen:
Rudolf Steiner, Vortrag «ÜBERSINNLICHE ERKENNTNIS UND SOZIAL-PÄDAGOGISCHE LEBENSKRAFT, Stuttgart, 24. September 1919»:
(aus der Publikation «Idee und Praxis der Waldorfschule», GA 297, S.113)
»Und wenn ich hier auch seit dem Frühling die drei Organisationen geschildert habe – das geistige Gebiet, das rechtlich-politische Gebiet und das wirtschaftliche Gebiet des sozialen Organismus -, so muß doch betont werden: Das sind drei äussere Organisationen! Innerhalb desjenigen, was diese drei äusseren Organisationen den Menschen sein werden, werden jene intimen inneren Organisationen leben, die dadurch von Menschenseele zu Menschenseele geschmiedet werden, dass die Menschen sich genauer erkennen werden, als sie sich heute erkennen. (…) In die äußeren Organisationen wird eine innere Organisation kommen, die die Menschen trägt und das Menschenleben gestaltet. Ohne diese innere Organisation kommen wir auch nicht zu einer fruchtbaren äußeren Organisation.»
Um diese innere Organisation zu entwickeln, kommt es weniger darauf an, was gelesen wird, sondern auf die innere Gestimmtheit, auf ein Eintauchen mit Leib und Seele. Diskussionen sind dabei eher schädlich und hinderlich. Stattdessen ist es entscheidend zu erhorchen, was in der Gruppe und im Einzelnen an echtem Interesse lebt. Wenn sich eine Gruppe in erhorchender, lauschender Weise spirituelle Inhalte erarbeite, dann werde wundersames geschehen können.
Hierzu beschreibt Rudolf Steiner die Methode des umgekehrten Kultus: (siehe: https://anthrowiki.at/Umgekehrter_Kultus)
«Ein umgekehrter Kultus, wie ihn Rudolf Steiner charakterisiert, entsteht, wenn sie eine Gemeinschaft freier, geistig strebender Menschen zu einer gemeinsamen geistigen Arbeit zusammenfindet. Anders als beim herkömmlichen Kultus, wie er etwa, vermittelt durch einen Priester, in religiösen Gemeinschaften gepflegt wird, wird hier nicht das Übersinnliche in die sinnliche Welt herabgeholt, sondern die geistig strebende Gemeinschaft erhebt sich im gemeinsamen Tun vom Sinnlichen zum Geistigen. Voraussetzung dafür ist, dass die Menschen in dieser Gemeinschaft einander nicht bloß äußerlich gegenüberstehen, sondern dass ein wirkliches Erwachen am anderen Menschen stattfindet. Rudolf Steiner hat dies als Musterbild für die anthroposophische Gemeinschaftsbildung angesehen, wie sie etwa in den anthroposophischen Zweigen gepflegt werden sollte. Doch gilt dies auch für alle anderen Gemeinschaften, deren Grundlage ein gemeinsames geistiges Streben bildet. Das kann beispielsweise eine therapeutische Gemeinschaft sein, in der Ärzte, Pfleger und Therapeuten auf geistiger Grundlage zusammen arbeiten, eine pädagogische oder heilpädagogische Einrichtung, aber auch ein wirtschaftlicher bzw. landwirtschaftlicher Betrieb usw.»
Rudolf Steiner, Vorträge zu «Anthroposophische Gemeinschaftsbildung»:
(GA 257, S. 179f, 9.ter Vortrag Dornach, 3.3.1923):
«Durch den Kultus wird das Übersinnliche in Wort und Handlung heruntergeholt in die physische Welt. Durch den anthroposophischen Zweig werden die Gedanken und Empfindungen der Anthroposophengruppe hinauferhoben in die übersinnliche Welt. Und wenn in der richtigen Gesinnung erlebt wird der anthroposophische Inhalt von einer Menschengruppe, wobei Menschenseele an Menschenseele erwacht, wird tatsächlich diese Menschenseele erhoben zur Geistgemeinschaft. Nur handelt es sich darum, daß dieses Bewußtsein wirklich vorhanden ist. Wenn dieses Bewußtsein vorhanden ist und solche Gruppen in der Anthroposophischen Gesellschaft auftreten, dann ist in diesem, wenn ich so sagen darf, umgekehrten Kultus, in dem andern Pol des Kultus, etwas Gemeinschaftsbildendes im eminentesten Sinne vorhanden. Man möchte sagen, wenn man bildlich sprechen will: Die Kultgemeinde versucht die Engel des Himmels zu veranlassen, herunterzugehen in den Kultraum, damit sie unter den Menschen seien. Die anthroposophische Gemeinde versucht, die Menschenseelen zu erheben in die übersinnliche Welt, damit sie unter die Engel kommen. Das ist in beiden das gemeinschaftsbildende Element.»
«Aber wenn Anthroposophie dem Menschen etwas sein soll, was wirklich in die übersinnliche Welt führt, dann darf sie nicht Theorie, nicht Abstraktion sein. Dann darf man nicht bloß von geistigen Wesen reden, sondern man muß die nächsten, die unmittelbarsten Gelegenheiten aufsuchen, um mit geistigen Wesen zusammenzusein. Die Arbeit einer anthroposophischen Gruppe besteht nicht bloß darin, daß eine Anzahl von Menschen über anthroposophische Ideen reden, sondern daß sie sich als Menschen so vereinigt fühlen, daß Menschenseele an Menschenseele erwacht und die Menschen hinaufversetzt werden in die geistige Welt, so daß sie wirklich unter geistigen Wesen sind, wenn auch vielleicht ohne Schauen. Auch wenn das in der Anschauung nicht da ist, im Erleben kann es da sein. Und das ist dann das Stärkende, das Kräftigende, das aus den Gruppen hervorgehen kann, die mit richtiger Gemeinschaftsbildung eben entstanden sind innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft.»
mehr dazu in den beiden Video-Beiträgen zum umgekehrten Kultus von Dr. Michael Birnthaler, Schloss Hohenfels, Bodensee, siehe:
www.bewusstwie.org/erwachen-am-seelisch-geistigen-der-anderen
Quelle und mehr dazu: YouTube Vortrag von Dr. Michael Birnthaler, Schloss Hohenfels, Bodensee, YouTube, Min. 12:58 ff.)
Rudolf Steiner, Vorträge zu «Anthroposophische Gemeinschaftsbildung»:
(GA 257, S. 129-131)
«Und wenn mehrere Menschen sich mit demjenigen, was sie aus dem Alltagsbewußtsein haben, dann zusammenfinden und nicht mit der vollen Empfindung sich erheben zu der übersinnlichen Welt, wenn sich solche Menschen zusammenfinden, um einfach in der alltäglichen Seelenverfassung die Sprache der übersinnlichen Welt zu hören, dann ist ein unendlich grosse Möglichkeit gegeben, dass sie ins Streiten kommen, weil sie untereinander auf die naturgemäßeste Weise zu Egoisten werden. Dagegen gibt es allerdings ein kräftiges Mittel, das aber auch erst in der Menschenseele entwickelt werden muss. Das ist das Mittel der innerlichsten durchseelten Toleranz. Aber das muss eben anerzogen werden. Im gewöhnlichen Bewußtsein des alltäglichen Erlebens reicht für die Bedürfnisse, die die meisten Menschen haben, ein recht geringfügiger Grad von Toleranz aus, und vieles korrigiert ja einfach die natürliche Umgebung. Aber für dieses gewöhnliche Bewußtsein des Alltagslebens, da ist es ja so – wer Lebenserfahrung hat, weiß das -, daß eben, wenn zwei Menschen miteinander reden, es ihnen sehr häufig gar nicht darauf ankommt, den andern zu hören. Heute ist ja die Sitte so eingerissen, dass man überhaupt kaum mehr gehört wird, sondern immer, wenn man das eine Viertel des Satzes gesprochen hat, der andere anfängt zu reden, weil ihn das eigentlich nicht interessiert, was man sagt, sondern es interessiert ihn nur seine eigene Meinung. Das geht, wenn auch in leidiger Weise, in der physischen Welt. Das geht nicht mehr in der geistigen Welt. In der geistigen Welt muss unbedingteste Toleranz die Seele durchdringen. Da muß man sich dazu erziehen können, selbst dasjenige, womit man nicht im geringsten übereinstimmt, in aller Ruhe hinzunehmen, nicht nur mit einer hochnäsigen Duldung, sondern so, daß man in einer gewissen Weise es zuinnerst sachlich toleriert als eine berechtigte Äußerung des andern Menschen. Es hat in höheren Welten eigentlich nur einen ganz geringen Sinn, gegen irgend etwas Einwendungen zu machen; derjenige, der erfahren ist in den Erlebnissen höherer Welten, der weiß, daß über ein Faktum die entgegengesetztesten Anschauungen geäußert werden können zum Beispiel von ihm und einem andern. Wenn er in der Lage ist, die entgegengesetzte Anschauen des anderen mit der derselben Toleranz aufzunehmen – bitte hören Sie das! – wie seine eigene, dann erst erwirbt er sich die notwendige soziale Seelenverfassung für das Erleben desjenigen, was in der Theorie aus höheren Welten heraus verkündet wird. Diese moralische Basis ist eben notwendig für ein richtiges Verhältnis des Menschen zu den höheren Welten. Und das Streiten in solchen Gesellschaften, wie ich sie charakterisiert habe, das beruht eben einfach darauf, daß die Menschen, wenn die Sensation da ist, zu hören: Der Mensch hat nicht nur einen physischen Leib, sondern auch einen Ätherleib, Astralleib, Ich und so weiter – sie dieses auf Sensation hin annehmen, aber die Seele nicht umarten zu der Art, die notwendig ist, um das anders zu erleben, als man in der physischen Welt einen Tisch oder einen Stuhl erlebt, die man ja auch in der physischen Welt anders erlebt als im Traume. Wenn die Menschen also ihren gewöhnlichen Seelenduktus hineintragen in ihr vermeintliches Verstehen der Lehre aus der höheren Welt, dann kommen sie aus diesem Hineintragen ganz selbstverständlich zu Egoismus und Streit. So wird es verständlich, gerade aus dem Begreifen der Eigentümlichkeit der höheren Welten heraus, daß sehr leicht gerade in Gesellschaften mit geistigem Inhalt Streit und Zank entstehen kann und daß notwendig ist, sich für solche Gesellschaften in einer solchen Weise zu erziehen, daß man in einem unermeßlich weiteren Grade den andern erträgt, als man das für die physische Welt gewohnt ist. Anthroposoph werden heisst eben nicht bloss, Anthroposophie als Theorie kennenlernen, sondern Anthroposoph sein erfordert in einem gewissen Sinne eine Seelenumartung. Dies aber wollen gewisse Menschen nicht. Daher wurde es auch nie verstanden, wenn ich gesagt habe: Es gibt zweierlei Arten, sich zum Beispiel mit meinem Buche «Theosophie» zu beschäftigen. Die eine ist, es zu lesen oder meinetwillen es auch zu studieren, indem man mit der gewöhnlichen Seelenverfassung an es herangeht und es im Sinne dieser gewöhnlichen Seelenverfassung beurteilt. Dann ist der Seelenvorgang der Qualität nach ganz der gleiche, ob man eine «Theosophie» liest oder ein Kochbuch. Für den Wert des Erlebens ist dann kein Unterschied zwischen dem Lesen dieser «Theosophie» und dem Lesen eines Kochbuches, nur daß man, wenn man das tut, eben einfach im Lesen der «Theosophie» auf einer höheren Stufe träumt, nicht lebt. Und wenn man so von höheren Welten träumt, dann kommt aus den Impulsen der höheren Welten heraus nicht die grösste Einigkeit unter den Menschen, das grösstmögliche Tolerieren als eine Erungenschaft, sondern statt der Einigkeit, die gerade das Geschenk des Studiums der höheren Welten sein kann, immer weiter wirkender Streit und Zank.»
Aber wie können wir uns nun als Gruppe ganz konkret und aktiv in diese Richtung bewegen? Wie können wir unsere Toleranz steigern und kultivieren und nicht nur Streit und Zank vermeiden, sondern lernen, uns wirklich auf einer tieferen Ebene zuzuhören und gemeinsam in der Gruppe gegenseitig, Menschenseele für Menschenseele, aneinander erwachen?
Der Gruppenprozess von Scott Peck führt mit seinen Kommunikationsempfehlungen auf kunstvolle Weise die dafür notwendigen Aspekte zusammen und macht so die konkrete Arbeit der Gemeinschaftsbildung zu einem lebendigen Gefäss, in dem eine Gruppe im Rahmen eines Workshops von erfahrungsgemäss 2.5 Tagen (17 Stunden Prozesszeit) in ein konkretes Erleben von Gemeinschaft, auch ganz im Sinne der Anthroposophie, eindringen und sich fortlaufend weiterentwickeln kann.
Was sind nun diese notwendigen Aspekte?
Um Gemeinschaftsbildung im ersten Schritt zu erklären, ist es wichtig zu verstehen, was Gemeinschaftsbildung in unserem Sinne NICHT ist:
Es geht NICHT um eine Erkenntnis- oder Meinungsgemeinschaft! Es geht NICHT darum, dass die Menschen, die ein Mehr an Verbindung anstreben, sich auf eine gemeinsame Meinung einschwören. Ganz im Gegenteil. Wir beschreiben dies gerne mit der Aussage «Wir feiern die Unterschiede». Gemeint ist damit die Faszination beim Entdecken der individuellen Andersartigkeit des Gegenübers. Ein Entdecken, bei dem sich zuerst die Akzeptanz des Anderen bis hin zur Liebe zum anderen Menschen in seiner Individualität entwickeln kann.
Um ein hohes Mass an Gemeinschaftsbildung zu erreichen, braucht es jedoch ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Intention oder ein gemeinsames Ideal. In der Anthroposophie wird dies im übergeordneten Sinn mit einem gemeinsamen Wollen bezeichnet.
In der Gemeinschaftsbildung nach Scott Peck sind diese Ziele nun konkret und klar formuliert:
Die Vision der Arbeit macht dieses Ziel noch deutlicher:
«Eine Gemeinschaft ist eine Gruppe von zwei oder mehr Menschen, die ungeachtet ihrer unterschiedlichen Herkunft in der Lage sind, ihre Unterschiede zu akzeptieren und zu überwinden, so dass sie offen und effektiv kommunizieren können und dabei ein Gefühl von ungewöhnlicher Sicherheit und ausserordentlichem Respekt füreinander haben.» – Dr. M. Scott Peck
Als Leitfaden der Gemeinschaftsbildungsarbeit nach Scott Peck dienen die sog.
»12 Kommunikationsempfehlungen» oder auch «12 Leitlinien der Kommunikation»:
(mit marginalen Anpassungen / Ergänzungen im Sinne eines anthroposophischen Verständnisses)
Nach einer initialen Erklärung und Erläuterung dieser Empfehlungen lernt die Gruppe mit der Unterstützung der FacilitatorInnen im Verlaufe eines Workshops mehr und mehr in das Verständnis dieser Leitlinien einzudringen. Besondere Beachtung findet hier von Anfang an das ehrliche und authentische Mitteilen, sowie das richtige, wohlwollende Zuhören mit einem Maxium an Toleranz. Dieses findet sich versteckt in fast allen Kommunikationsempfehlungen und das Verständnis derselben wird über die sukzessive Reflektion kontinuierlich vertieft. Schon alleine die erste Empfehlung, «Sag deinen Namen, bevor du sprichst», eröffnet, bewusst ausgeführt, mit jeder Wortmeldung das Feld vom ICH und DU.
Auf der einen Seite nimmt der Sprecher damit die Aufmerksamkeit ganz zu sich, er nimmt sich selbst wahr als Sprecher, als ICH. Auf der anderen Seite wird der Raum für die gesamte Gruppe geöffnet, die Aufmerksamkeit ganz auf die sprechende Person, das DU zu richten (Eröffnung es Raumes zur Ich-haften Kommunikation).
Der Sprecher wird sich dann im Fortschreiten und Durchlaufen des 4-Phasen-Prozesses darin üben (siehe: Die 4 Phasen der Gemeinschaftsbildung), sich mehr und mehr «persönlich, spezifisch und in sog. ICH-Aussagen» (2te Empfehlung) auszudrücken. Er wird nur sprechen, wenn er «zum sprechen bewegt» ist, d.h. wenn der jeweilige Sprecher wirklich den Augenblick des rechten Momentes und des rechten Inhaltes erspürt hat. Sobald der WIR-Raum der Gruppe sicherer geworden ist, d.h. ein ungewöhnliches Mass an Vertrauen erarbeitet wurde, werden die Aussagen immer authentischer und zeigen mehr und mehr die Individualität der seelischen Verfassung des Sprechers. So wird das Sprechen auf persönlicher Ebene zu einem Erkenntnis- und Entwicklungsprozess des Einzelnen, einer Entdeckung der Beschaffenheit des ganzen Menschen in allen seinen Anteilen, körperlich, seelisch und geistig.
Die Zuhörer wiederum lernen, was zuhören eigentlich ist: nämlich «NUR» zuzuhören, zu empfangen, empathisch mitzudenken, innerlich entgegenzuschweigen, den Raum zu halten, Ablehnung und Kritik und jegliche Form der Beurteilung immer mehr stillzulegen, keine Ratschläge / Fragen / Belehrungen oder Korrekturen zu geben, Stille auszuhalten, den Fokus möglichst konzentriert zu halten. Alleine mit den hier erwähnten Aspekten, die während der Workshops alle trainiert werden, erreicht jede Gruppe schon nach wenigen Stunden ein ungewöhnliches Ausmass an Begegnung, Akzeptanz, Respekt, Toleranz und Verbindung.
Wir FacilitatorInnen helfen dabei, diese Ich-hafte Kommunikation durch Übungen und durch Interventionen im Prozess zu üben.
«Die meisten Menschen hören nicht zu, um zu verstehen, sondern um zu antworten.»
– Stephen Covey
«Je leiser du wirst, desto mehr wirst du hören.»
– Ram Dass
Mit dem Antizipieren und Durchdringen der Erklärungen Rudolf Steiners zum eigentlichen Wesen der menschlichen Begegnung, zum “ Sozialen Urphänomen” , seinen Ausführungen zu den «antisozialen und sozialen Trieben» , zur Wahrnehmung des Mitmenschen über den «Sprach-, Denk- und ICH-Sinn» , wird die Tiefe des Eindringens in diese Beziehung natürlich nochmal deutlich vertieft.
(mehr dazu: www.bewusstwie.org/gemeinschaftsbildung-anthroposophie-scott-peck)
Wird in den Gruppen eine inhaltliche Durchdringung verschiedener Texte von Rudolf Steiner angegangen? Und wie hängt das eigentlich zusammen mit der Methodik von Dr. Scott Peck?
Bestimmte Texte von Steiner werden bei den Workshops zu Beginn “nur” als Inspiration dienen. Es geht dann jedoch nicht um die Durchdringung der Texte als solche. Die Textquellen von Steiner sollen nur dabei helfen, die 12 Leitsätze aus anthroposophischer Perspektive zu durchdringen. Der Prozess und die 12 Leitsätze stehen im Zentrum. Sie sind nach unserer Erfahrung ein sicheres Mittel, um eine Gruppe in Gemeinschaft zu führen. Jede Gruppe durchläuft den Prozess jedoch auf eigene Weise. Eine Gruppe mit anthroposophischen Hintergrund wird die 4 Phasen und die Leitsätze in ganz anderer Weise durchlaufen und durchdringen, als beispielsweise eine Gruppe mit tantrischen Hintergrund. Insbesondere auch die 4. Phase Gemeinschaft wird von einer Gruppe mit anthroposophischen Hintergrund sicherlich ganz anders erlebt werden. Während eine Gruppe mit eher energetisch-spirituellem Weltbild die Aussage von Scott Peck “holy spirit is in the room” tendenziell eher symbolisch verstehen wird, wird dies in einer anthroposophisch orientierten Gruppe wohl wahrscheinlich als ganz real und differenziert, als wesenhaft erfahren und wahrgenommen werden.
Wir streben also eine wirklich offene Gruppe an. Jeder kann teilnehmen. Die Gruppe ist zwar von mir als Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft initiert und es nehmen hoffentlich auf möglichst viele andere Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft teil, die Gruppe ist jedoch auch für alle anderen Menschen zugänglich.
Auch Rudolf Steiner selbst hat das schon in den Gründungs-Statuten von 1923 klar formuliert:
«4. Die Anthroposophische Gesellschaft ist keine Geheimgesellschaft, sondern eine durchaus öffentliche. Ihr Mitglied kann jedermann ohne Unterschied der Nation, des Standes, der Religion, der wissenschaftlichen oder künstlerischen Überzeugung werden, der in dem Bestand einer solchen Institution, wie sie das Goetheanum in Dornach als freie Hochschule für Geisteswissenschaft ist, etwas Berechtigtes sieht. Die Gesellschaft lehnt jedes sektiererische Bestreben ab. Die Politik betrachtet sie nicht als in ihrer Aufgabe liegend.»
(siehe: www.goetheanum.org/mitglieder/gruendungs-statut-192)
Pluraler und Diverser lässt sich dies wohl kaum ausdrücken.
(mehr dazu: Vortrag Dr. Michaela Glöckler, Die Weihnachtstagung und sprituelle Gemeinschaftsbildung, YouTube ab Min. 42:39)
Wie und wo funktioniert der Einstieg in die in diesem Text beschriebene Praxisarbeit?
Um in eine regelmässige Praxisarbeit zu kommen ist es erforderlich, zunächst an einem initialen Workshop über 2.5 Tage (z.B. Freitag-Nachmittag/-Abend bis Sonntag-nachmittag) teilzunehmen. In einem Workshop mit der Dauer von 17 Std. kann aufgrund der Erfahrung sichergestellt werden, dass der 4-Phasen-Prozess durchlaufen wird, wenn auch, je nach Gruppe, natürlich in unterschiedlicher Qualität und Tiefe. Diese Erfahrung ist notwendig und die Voraussetzung für die Teilnahme an den regelmässigen Treffen (siehe 4.2).
exemplarischer Workshop
1 – 2.5 Tage
Für die Teilnahme an den regelmässigen Treffen ist es Voraussetzung, den gesamten Prozess mind. einmal in einem vollständigen 2.5 Tages-Workshop kennengelernt zu haben (siehe 4.1). Die Teilnahme an den regelmässigen Treffen kann dann an unterschiedlichen Orten in verschiedenen Gruppen erfolgen.
regelmässige Sessions
à 1 Std.
Dieser vorliegende Artikel
www.bewusstwie.org/anthro-Gem
Termine & Anmeldung
www.bewusstwie.org/anthro-Gem-temine
Kontakt & Fragen
Andreas Reese, andreas@bewusstwie.org, 079.695 42 64